Gastronom zeigt: Service-Leute machen bis zu 2700 Franken Trinkgeld

Ein Zürcher Gastronom zeigt, wie viel Trinkgeld seine Serviceangestellten bekommen. Bei einigen kommen stolze Summen zustande.
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Das Wichtigste in Kürze
- Ein Zürcher Gastronom zeigt, wie viel Trinkgeld seine Serviceangestellten bekommen.
- In einem Fall bekommt ein Angestellter 2720.80 Franken Trinkgeld pro Monat.
- Der Gastronom rechnet das Trinkgeld seit einem Jahr via Lohn ab.
- Diese Praxis ist in der Gastro-Branche umstritten.
Das Trinkgeld geht normalerweise direkt an die Serviceangestellten, steuerfrei und ohne Abgaben. Das will Gastronom Manuel Wiesner mit einer «Trinkgeldrevolution» ändern. So nennt es die Sendung Rundschau von SRF, die darüber berichtet.
Manuel Wiesner ist Co-Geschäftsführer der Wiesner Gastronomie AG. Die Gastronomen-Familie führt in der ganzen Schweiz verschiedene bekannte Restaurants. Nooch, Negishi, Miss Miu, die Outback Lodge und Kitchen Republic gehören allesamt der Familie.

Im Beitrag gibt der Gastronom einen Einblick in seine Bücher. Er zeigt anhand von Beispielen, wie viel Trinkgeld ein Serviceangestellter pro Monat bekommen kann.
In einem Fall kommt eine stolze Summe zustande: 2720.80 Franken Trinkgeld pro Monat. Zusammen mit dem regulären Lohn ergibt das über 7000 Franken Lohn.
Trinkgeld wird via Lohn abgerechnet
Bereits im Januar erklärte Wiesner gegenüber Nau.ch: «Wir rechnen das Trinkgeld seit Anfang 2024 via Lohn ab.» Das bringe drei entscheidende Vorteile für die Mitarbeitenden: Sie seien so bei Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit besser abgesichert und hätten im Alter eine höhere Rente.
In der Tat kommt einiges an Trinkgeld zusammen: «Wir nehmen pro Jahr 3,5 Millionen Franken Trinkgeld ein. Es wird geschätzt, dass es in der Schweizer Gastronomie insgesamt mehr als eine Milliarde Franken sind», führte Wiesner damals aus.

Als Familienunternehmen sei es ihnen wichtig, in die soziale Absicherung ihrer Mitarbeitenden zu investieren.
Wiesner: «Deshalb zahlen wir mit dem neuen System rund eine halbe Million Franken mehr Arbeitgeberbeiträge in die Sozialwerke ein als früher.» Das Trinkgeld via Lohn abzurechnen, sei aber in der Gastro-Branche noch nicht üblich.
«Trinkgeldrevolution» kommt bei Gastrosuisse nicht gut an
Sind die 2700 Franken Trinkgeld pro Monat normal, oder handelt es sich hierbei um eine Ausnahme? Patrik Hasler-Olbrych vom Branchenverband Gastrosuisse sagt auf Anfrage von Nau.ch: «Trinkgeldbeträge können unterschiedlich hoch ausfallen, und wir haben keine Erhebungen, wie viel Trinkgelder gegeben werden.»
Trinkgelder sind laut Hasler-Olbrych eine freiwillige Leistung des Gastes und in rechtlicher Hinsicht haben sie einen Schenkungscharakter. «Trinkgeld ist ein Zeichen der Wertschätzung für guten Service und somit ein Geschenk des zufriedenen Gastes an die Mitarbeitenden.»
Sollte Trinkgeld Bestandteil des Lohns werden, würde das vor allem die Angestellten treffen, sagt Hasler-Olbrych. «Den Mitarbeitenden bliebe netto weniger Lohn erhalten, weil sie höhere Abgaben und zusätzliche Steuern zahlen müssten.»
Gastrosuisse: «Die Gastronomie würde zum Luxusgut»
«Wenn das Trinkgeld versteuert werden muss, steigen die Lohnnebenkosten», so Hasler-Olbrych. Kombiniert mit der Finanzierung der 13. AHV-Rente und dem weiteren geplanten Ausbau des Sozialstaates werde die Arbeit immer teurer.
Das führe unweigerlich zu Preissteigerungen. «Die Gastronomie würde zum Luxusgut, was für unsere Gesellschaft schädlich wäre.»
Eine Herausforderung der Gastro-Branche sei es, gutes Personal zu finden, besonders im Service. Trinkgeld motiviere Menschen, im Gastgewerbe zu arbeiten. «Wird Trinkgeld ein Teil des Lohnes, müssten sie einen Teil davon abgeben», erklärt Hasler-Olbrych.
Auch die Qualität würde leiden, und es wäre noch schwieriger, Mitarbeitende in der Branche zu halten. Aus seiner Sicht habe Trinkgeld auch eine emotionale Komponente: «Es ist Ausdruck der Wertschätzung für die Arbeit von Service und Küche.»
Hasler-Olbrych: «Gastrosuisse will Rechtssicherheit schaffen und setzt sich für eine vollständige Abgabe- und Steuerbefreiung von Trinkgeld ein.»
Zurück zum SRF-Beitrag: Eine Serviceangestellte überlegt sich dort bereits eine Umschulung für den Fall, dass Trinkgelder Lohnbestandteil würden. Die Praxis von Manuel Wiesner, auch wenn gut gemeint, stösst also nicht überall auf Gegenliebe.