Stadt Zürich

Datenleck: Sensible Justiz-Infos landen in Zürcher Drogen-Milieu

Elena Hatebur
Elena Hatebur

Zürich,

Jahrelang sind sensible Daten der Zürcher Justizdirektion im Drogenmilieu gelandet. Verantwortlich dafür sind ein ehemaliger IT-Dienstleister und sein Bruder.

Zürcher Langstrasse
Bei der Zürcher Justizdirektion wurde ein Datenleck aufgedeckt. (Im Bild: Polizeieinsatz an der Zürcher Langstrasse) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Daten der Zürcher Justizdirektion sind im Sex- und Drogenmilieu gelandet.
  • Zuvor hatte ein IT-Dienstleister massenweise Geräte ausgemustert und weiterverkauft.
  • Der Bruder des Dienstleisters hat sensible Akten in seiner Milieubeiz aufbewahrt.

Jahrelang sollen vertrauliche Daten der Zürcher Justizdirektion im Sex- und Drogenmilieu gelandet sein, wie verschiedene Medien berichten.

Im Zentrum steht die Zusammenarbeit zwischen dem IT-Dienstleister André Gisler, seinem Bruder Roland Gisler und der Zürcher Justizdirektion.

Jahrelang behandelte André Gisler ausgemusterte Geräte der Justiz mit dem Auftrag, die darauf gespeicherten Daten zu löschen. Auf den Datenträgern befanden sich unter anderem sensible Gutachten und Akten.

Zürcher Justiz prüfte Gisler kaum

Die Justiz prüfte André Gisler kaum. Er habe sich nur einmal ausweisen müssen, sagt er dem «Tagesanzeiger».

Sein Bruder Roland Gisler wurde zwischen 1994 und 2014, unter anderem wegen Drogen- und Gewaltdelikten, mehrfach verurteilt.

Während sich André Gisler um die Überschreibung der Datenträger kümmerte, soll sein Bruder Dutzende Akten in seine Milieubeiz transportiert haben. Mutmasslich, um in seinen Verfahren Druck auf die Justiz auszuüben.

Behördenversagen mit System

Bekannt wurde der Skandal, als sich der damalige SVP-Kantonsrat und Milieuanwalt Valentin Landmann 2022 an die Regierung wandte. Seiner Kanzlei waren entsprechende Datenträger zugespielt worden.

Das Auffliegen des Datenlecks führte zu einer parlamentarischen Untersuchungskommission und zu zwei Strafuntersuchungen. Die Zürcher Justiz ermittelte damit faktisch gegen sich selbst. Der Verdacht: ungetreue Amtsführung und Verletzung des Amtsgeheimnisses.

Im Zentrum standen drei Mitarbeitende der Justizdirektion: eine Verwaltungssekretärin, ihr IT-Chef und ein Abteilungsleiter. Strafrechtlich verantwortlich blieb am Ende jedoch niemand.

Internes Chaos

Auch die Mitarbeitenden der Staats- und Jugendanwaltschaften, Bewährungs- und Vollzugsdienste tragen eine Mitschuld am Datenleck.

Jahrelang speicherten sie ihre Daten lokal und unverschlüsselt auf ihren Rechnern oder USB-Sticks. So wechselten alte Server, USB-Sticks und Papierakten unkontrolliert den Besitzer.

André Gisler ging währenddessen in den Gebäuden der Staatsanwaltschaft ein und aus. Der Justiz-IT war bewusst, dass die Rechner sensible Daten enthielten.

2014 stieg Gisler die Arbeit über den Kopf. Er sei «ersoffen im Material», sagte er in einer Einvernahme. Zahlreiche Datenträger auf seinem Grundstück waren leer, auf anderen fanden Ermittler mehr als 400'000 Dateien.

Beweise wurden vernichtet

Als 2019 ein neuer IT-Leiter «aufräumen» liess, verschwanden wichtige Belege über die Zusammenarbeit zwischen Gisler und der Justiz.

Zunächst wurde Vertuschung vermutet. Später stellte sich heraus, dass Mitarbeitende die «Aufräumaktion» einer umgehenden Entsorgung gleichgesetzt hatten.

Wie beurteilst du das Datenleck in der Zürcher Justizdirektion?

Die Staatsanwaltschaft attestierte ein «ernstes Führungsversagen» in der Justiz-IT, konnte aber weder Vorsatz noch Bereicherungsabsicht beweisen. André Gisler habe unprofessionell, aber nicht kriminell gehandelt.

Ähnlich lautete der Befund für die drei Mitarbeitenden der Justizdirektion. Sie schoben sich bei den Einvernahmen gegenseitig die Verantwortung für das Datenleck zu.

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