E-Roller-Fahrer rammt Meitli (9) – und lässt es liegen

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Stäfa,

Eine Primarschülerin wird auf dem Heimweg an der Zürcher Goldküste von einem E-Roller gerammt. Der Fahrer schert sich nicht um das Kind. Kein Einzelfall.

E-Roller
Das neunjährige Mädchen war auf dem Nachhauseweg von der Schule, als der Unfall passierte. (Symbolbild) - Screenshot Youtube/keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Mann auf einem E-Roller fährt in Stäfa ZH auf dem Trottoir ein Schulmädchen an.
  • Laut der Mutter liess er das Kind blutend und weinend am Boden liegen.
  • Die Schweizer Fussgängervertretung sieht verschiedene Problemzonen.

Der Typ auf dem E-Roller muss ein Herz aus Blei gehabt haben. Dafür sprechen die Schilderungen einer Mutter.

«Dieser hielt es nicht für notwendig abzusteigen, als das Kind blutend und weinend am Boden lag.» Dies schreibt die Mutter in einer lokalen Facebook-Gruppe in einem Post. Die Jacke des Mädchens sei zudem unter dem Reifen des Rollers eingeklemmt gewesen.

Der Zusammenstoss passiert Mitte Dezember gegen Mittag auf dem Trottoir vor der Migros in Stäfa an der Zürcher Goldküste.

Das neunjährige Mädchen befindet sich laut der Mutter auf dem Nachhauseweg von der Schule. Plötzlich kommt ein Mann auf einem E-Roller mit überhöhter Geschwindigkeit von hinten und fährt das Kind an.

Anzeige erstattet

Mit dem Facebook-Post versuchte die Mutter eine «Frau mit Kinderwagen» ausfindig zu machen. Bei ihr wollte sie sich dafür bedanken, ihrer Tochter geholfen zu haben, schreibt sie. «Meine Tochter stand leider beim Nachhausekommen so unter Schock, dass sie sich an nichts erinnern kann.»

Sind E-Roller eine Gefahr für Fussgängerinnen und Fussgänger?

Die Mutter will sich auf Anfrage nicht weiter zum Unfall äussern. Die Kantonspolizei Zürich bestätigt gegenüber Nau.ch den Fall.

«Bei der Kantonspolizei Zürich wurde inzwischen eine entsprechende Anzeige erstattet», sagt Mediensprecherin Carmen Surber. «Die Ermittlungen zum Unfall wurden aufgenommen.»

Geldstrafe oder Freiheitsstrafe

Kommt es zu einem Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder ein Fahrrad beteiligt ist, müssen alle Beteiligten sofort anhalten. So schreibt es das Strassenverkehrsgesetz vor.

Auch haben die beteiligten Personen für Hilfe zu sorgen, ist jemand verletzt. Zudem muss der Fahrzeugführer die Polizei benachrichtigen.

Daran hielt sich der E-Roller-Fahrer in Stäfa nicht. Die Primarschülerin liess er stattdessen am Boden liegen.

Wird dem Typen Fahrerflucht nachgewiesen, droht ihm eine Geldstrafe oder eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe.

Bei E-Rollern handelt es sich um Gefährte, die so gross sind wie Vespas. Sie fallen in die Kategorie der Leicht-Motorfahrräder. Die erlaubte Maximalgeschwindigkeit beträgt 25 km/h. Wie im Falle von Velos ist das Fahren auf Trottoirs für E-Roller verboten.

«E-Roller sind für Fussgängerinnen und -gänger nicht unproblematisch», sagt Pascal Regli zu Nau.ch. Er ist Geschäftsleiter des Verbands Fussverkehr Schweiz.

«Gerade dort, wo sich die Velo- mit Fussgängerflächen überschneiden, kann es zu Problemen kommen.» Als Beispiel nennt er gemeinsame Fuss- und Radwege.

Frisierte E-Roller werden zum Problem

Regli stellt zudem fest, dass es auch frisierte Roller gibt. Dabei werden die Roller technisch so verändert, dass sie schneller fahren. Das nennt man auch Tuning. «Manchmal sehen diese wie kleine Harleys aus.»

Zudem sei es nicht illegal, E-Roller mit höheren Höchstgeschwindigkeiten anzubieten.

Tatsächlich kann man mit wenigen Klicks im Internet E-Roller mit Höchstgeschwindigkeiten von zum Beispiel 45 km/h bestellen. In diesem Fall handelt es sich um schnellere Motorfahrräder, die einen Führerausweis der Kategorie M verlangen.

«Erschreckend hoch»

Der Geschäftsleiter von Fussverkehr Schweiz hat den Eindruck, dass Verkehrsteilnehmende die Gefahr von Zweirädern allgemein unterschätzen. «Auch zwischen Velos und Fussgängern kommt es immer wieder zu Unfällen», sagt Regli.

E-Roller seien zusätzlich gefährlich, «da sie grösser und schwerer als ein Fahrrad sind».

Dass der E-Roller-Fahrer nach dem Unfall davonflitzte, ist gemäss Regli kein Einzelfall. «Die Zahl von Fällen mit Fahrerflucht ist bei Zweirädern offenbar erschreckend hoch», lautet sein Fazit.

E-Roller
Immer wieder kommt es bei Unfällen mit einem E-Roller zu Fahrerflucht. (Symbolbild) - Stadtpolizei ZH

Zu dieser Aussage veranlasst ihn eine Studie der Unfallforschung der Versicherer des Gesamtverbands im Auftrag der Deutschen Versicherungswirtschaft. Diese hat innerörtliche Unfälle zwischen Velos, auch E-Bikes und E-Roller, und Fussgängern untersucht.

Die Studie kommt zum Schluss, dass es bei mehr als jedem vierten Unfall in Deutschland zu Fahrerflucht kommt.

Nummernpflicht gefordert

In der Schweiz kann nur die Kantonspolizei Aargau Zahlen liefern. In diesem Jahr hat sie 13 Unfälle mit E-Rollern registriert.

Es handle sich ausschliesslich um Selbstunfälle, heisst es auf Nau.ch-Anfrage. Fussgänger seien keine involviert gewesen.

Andere Polizeien können keine Angaben machen, da sie die Unfälle nicht statistisch nach Beteiligung einzelner Fahrzeuge ausweisen. Ein umfassender Überblick über die Situation fehlt also.

Hast du einen E-Roller?

Klar scheint aber: Die Zahl der Unfälle dürfte steigen, solange die E-Roller weiterhin im Trend bleiben.

Pascal Regli von Fussverkehr Schweiz meint deshalb: «Sinnvoll wäre es, wenn es für E-Roller eine Nummernpflicht gäbe.»

Eine solche hat der Bundesrat jedoch im November abgelehnt. Die Landesregierung will stattdessen die Vorschriften zum Tuning anpassen. Bei der nächsten Verordnungsänderung soll zudem eine Helmpflicht zur Diskussion gestellt werden.

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