Kantonsrat bewilligt Entschädigung für Opfer von Zwangsmassnahmen

Der Kanton Zürich bewilligt einen Solidaritätsbeitrag für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierung.

Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierung im Kanton Zürich erhalten einen einmaligen Solidaritätsbeitrag von 25'000 Franken. Der Kantonsrat hat am Montag einen Gesamtbeitrag von 20 Millionen Franken bewilligt.
Der Beschluss unterlag der Ausgabenbremse, das Quorum von 91 Stimmen wurde aber problemlos erreicht.
Bundes- und kantonalen Beiträge
Der Bund zahlt bereits einen Solidaritätsbeitrag von 25'000 Franken pro Opfer aus. Die Kantone können aber freiwillig ebenfalls etwas beitragen, was Zürich nun hiermit tut. Der Gesamtbetrag von 20 Millionen Franken basiert auf der Annahme, dass rund 800 Gesuche eingereicht und gutgeheissen werden.
Der Solidaritätsbeitrag war im Rat unbestritten. Es gehe darum, Verantwortung zu übernehmen – besser spät als nie, sagte Sonja Rueff-Frenkel (FDP, Zürich). Ein symbolischer Beitrag sei eine Form der Entschuldigung, sagte Sonja Gehrig (GLP, Urdorf).
Gleichbehandlung und Genugtuung
Lisa Letnansky (AL, Zürich), Erstunterzeichnerin des ursprünglichen Postulats, sagte, es gehe um Gleichbehandlung, Genugtuung und um eine klare Haltung des Kantons. Dieser Beitrag sei nur eine kleine Geste, die Schuld des Staates einzugestehen, sagte Josef Widler (Mitte, Zürich). Florian Heer (Grüne, Winterthur) ergänzte, es gehe darum, das erlittene Leid und Unrecht anzuerkennen.
Dies sei kein Akt der Grosszügigkeit, sondern ein staatlicher Akt der Verantwortung, sagte Mandy Abou Shoak(SP, Zürich). Der Rat appellierte an ein «pragmatisches Vorgehen». Die Gesuche sollen rasch und unkompliziert bearbeitet werden, sagte etwa Christina Zurfluh Fraefel(SVP, Wädenswil).
Historischer Kontext
Bis 1981 wurden auch im Kanton Zürich Kinder und Jugendliche in Heime gesperrt, in Pflegefamilien gegeben und als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. So genannte liederliche oder arbeitsscheue Erwachsene wurden entmündigt und sterilisiert.
Am 1. Januar 1981 traten neue Bestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung in Kraft. Erstmals gab es in der ganzen Schweiz einheitliche Rechtsgrundlagen, die es erlaubten, Eingriffe in die persönliche Freiheit vor Gericht anzufechten.




