Zürcher Zünfter lachen über Blackfacing und Bastrock
Zürich 20.04.2023 - 19:30
Wenn Zürcher Zünfter lachen: Am «Ball beim Böögg» vor dem Sechseläuten kam es zu einem gravierenden Fall von Blackfacing.
Das Wichtigste in Kürze
- Zürichs Elite trifft sich für gewöhnlich am Wochenende vor dem Sechseläuten.
- Am «Ball beim Böögg» kam es dieses Jahr zu einem Blackfacing-Skandal.
Am Wochenende vor dem Sechseläuten trifft sich Zürichs Elite. Am Samstag fand auf dem Lindenhof das Fest, am Abend die von Zünften organisierten Bälle, statt. Dabei gilt: Was an den Bällen passiert, bleibt auch an den Bällen.
Bis jetzt: Dem Tages-Anzeiger liegen nämlich Aufnahmen vom «Ball beim Böögg» vom vergangenen Samstag vor.
Nach der zweiten Vorspeise, zwischen 21.30 und 22.15 Uhr, steht eine «Produktion» auf dem Programm des Show-Komitees. Es werden Aufzeichnungen vergangener «Bälle beim Böögg»-Produktionen gezeigt.
Zünfter lachen über Blackfacing und Bastrock
In der zweiten Hälfte dieses Zeitfensters betritt ein Mann mit schwarz gefärbtem Gesicht die Bühne. Er trägt eine schwarze Kraushaarperücke, einen Bastrock und hält einen grossen Knochen in den Händen.
Es handelt sich hier um Blackfacing. Die Kritik: Privilegierte Personen machen sich über eine Gruppe lustig, die in der Gesellschaft Diskriminierung erfahren hat, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Während eines Gesprächs mit einem als Frau verkleidetem Mann hält sich der schwarz angemalte Mann den Knochen demnach zwischen die Beine. Man habe die Zünfter lachen gehört.
Man will sich von niemandem zensieren lassen
Der Mann in Frauenkleidern erklärt mit einem Rückblick auf das Jahr 2018: «Die Zensurbehörde der Stadt Zürich hat die Episode damals verboten, weil sie fand, sie sei in höchstem Mass unkorrekt. Weil wir hier aber in einer geschlossenen Gesellschaft sind, sollten Sie sich besser selber ein Bild machen.» Die Zünfter lachen und applaudieren. Dann wird der Clip abgespielt.
Die Absicht scheint klar: Man will sich von niemandem zensieren lassen.
Homosexuelle und Sexarbeiter sorgen für Lacher
Im Clip ist die gleiche schwarz angemalte Person im gleichen Kostüm zu erkennen – nur fünf Jahre früher. Ebenfalls zu erkennen ist ein Mann in einem regenbogenfarbigen Hemd, der einen Homosexuellen darstellen soll.
Als dritte Person auf der Bühne ist eine als Sexarbeiterin verkleidete Frau zu sehen. Sie spricht in einem portugiesischen Dialekt. Die Zünfter lachen wieder.
«New York Times» berichtete 2020 über ähnlichen Vorfall
Ein solcher Auftritt ist in diesen Kreisen nicht ungewöhnlich. Die «New York Times» berichtete im Jahr 2020 über eine ähnliche Produktion. Beim 60. Geburtstag von Ex-CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner – auch er ein Zürcher Zünfter – kamen Afro-Perücken zum Einsatz.
Die Anfragen des «Tages-Anzeigers» zur Produktion am Zunftball blieben von den Veranstaltern des «Balls beim Böögg» unbeantwortet. Swiss-Life-Präsident Rolf Dörig und weitere an der Veranstaltung Anwesende antworteten ebenfalls nicht auf die Anfragen.