Bigler: Juso-Erbschaftssteuer – Ideologie schlägt Intelligenz

Hans-Ulrich Bigler
Hans-Ulrich Bigler

Knonaueramt,

«Wer kann aufgrund rationaler Überlegung ein Interesse haben, die besten Steuerzahler aus der Schweiz zu vertreiben?» Eine Kolumne von Hans-Ulrich Bigler.

Hans-Ulrich Bigler Eth Zürich
Hans-Ulrich Bigler schreibt regelmässig Kolumnen auf Nau.ch. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Hans-Ulrich Bigler schreibt regelmässig Kolumnen auf Nau.ch.
  • Heute schreibt er über die Erbschaftssteuer.
  • Volk und Stände entscheiden am 30. November über die Juso-Erbschaftssteuer-Initiative.

«Wir müssen die Superreichen stoppen und damit unsere Zukunft sichern.» Mit dieser reisserischen Schlagzeile wirbt die Juso für ihre Erbschaftssteuer-Initiative und gibt vor, damit die eigene Zukunft zu sichern.

Bei genauem Hinsehen entpuppt sich diese Polemik nicht nur als heuchlerisch. Sie ist schlicht und einfach nicht durchdacht.

Dümmlicher Slogan

Die Juso-Initiative will Erbschaften und Schenkungen über 50 Millionen mit fünfzig Prozent besteuern. Die Erträge fliessen dabei nicht etwa in die Staatskasse.

Zur Verantwortung gezogen werden sollen die Superreichen für ihre Klimaverschmutzung. Der dümmliche Slogan gemäss Webpage der Initianten dazu: «Wir müssen die Superreichen stoppen und damit unsere Zukunft sichern.»

Eine in höchstem Mass heuchlerische Argumentation.

Zunächst wird an den Neid der Stimmbürger appelliert: Schuld am Klimawandel sind ausschliesslich die «Superreichen». Etwas plump wird naiv um Ja-Stimmen gebuhlt. Es ist gut zu wissen, dass sich das Schweizerische Stimmvolk davon in aller Regel nicht beeinflussen lässt.

Schon der gesunde Menschenverstand führt zur Überlegung, dass verschiedene Aspekte und komplexe Zusammenhänge für den Klimawandel verantwortlich sind.

Bist du für die Einführung einer Erbschaftssteuer?

Heuchlerische Begründung

Heuchlerisch ist die Begründung aber auch, weil der Juso angesichts ihres eigenen Verhaltens jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen ist.

Zu denken ist an Klimaaktivisten, die nach Mexiko in die Ferien fliegen und dies gleichzeitig zur Privatangelegenheit erklären. Seien wir aber nicht päpstlicher als der Papst. Das Reisli sei ihnen gegönnt, das Leben ist eben nicht ohne Widersprüche.

Verlassen wir das abschüssige Terrain der Ideologie und der vermeintlich moralischen Überlegenheit der Juso gegenüber den Superreichen.

Ein nüchterner Blick auf die Fakten hilft weiter. Im Zentrum steht die Frage, welches die Auswirkungen der Erbschaftssteuer-Initiative fernab aller Ideologie und Moral sind.

Lassen wir Fakten sprechen

Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: Das oberste Prozent in der Einkommensskala zahlt auf Stufe Gemeinde, Kanton und Bund fast ein Viertel aller Einkommenssteuern.

Bei der Vermögenssteuer liefert die gleiche Bevölkerungsgruppe gar 51 Prozent ab. Öffnet man den Fächer und schaut sich die obersten fünf Prozent an, so liefert diese Gruppe 87 Prozent der Vermögenssteuern ab.

erbschaftssteuer
Die Erbschaftssteuerinitiative der Juso fordert einen Steuersatz von 50 Prozent ab einer Summe von 50 Millionen Franken bei Nachlass und Schenkungen. (Archivbild) - keystone

Reiche werden viel stärker belastet

Die Behauptung, wonach die Reichsten unseres Landes keine Steuern bezahlen würden, ist also schlicht falsch. Die progressive Ausgestaltung unserer Fiskalpolitik ist gewollter Bestandteil der Schweiz.

Mit anderen Worten werden Reiche viel stärker belastet als der Mittelstand, und untere Vermögensschichten sind fast ganz befreit.

Kommt hinzu, dass Kapital sehr mobil ist. Das zeigt schon nur ein kurzer Blick über die Landesgrenzen hinaus: In Norwegen wurden die Steuern markant erhöht, was dazu führte, dass die Reichsten auswanderten. Ironischerweise fand ein Teil von ihnen den Weg in die Schweiz.

Beste Steuerzahler aus der Schweiz vertreiben?

Dieselbe Entwicklung ist mit der Einführung einer Erbschaftssteuer für die Reichsten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bei uns zu erwarten.

Der Grund dafür ist simpel: Ein grosser Anteil dieser Vermögen ist in der Regel in Unternehmungen investiert. Bei einem Erbgang würde vielfach nichts anderes übrig bleiben, als die Unternehmung zu verkaufen, um die Erbschaftssteuer begleichen zu können.

Wer kann also aufgrund rationaler Überlegung ein Interesse haben, die besten Steuerzahler aus der Schweiz zu vertreiben? Es sei denn, Ideologie schlägt Intelligenz.

Die AHV als nächstes Problem

Wer die Reichen vertreibt, handelt sich aber auch noch ein ganz anderes Problem ein. Die Reichsten der Schweiz finanzieren eben auch das wichtigste Sozialwerk, die AHV.

Schon Hans-Peter Tschudi, Vater der AHV, brachte es prägnant auf den Punkt: «Die Reichen brauchen die AHV nicht, aber die AHV braucht die Reichen.»

Bekanntlich sind die Löhne nach oben für die AHV-Beiträge nicht gedeckelt. Bei Einkommen in Millionenhöhe werden die AHV-Beiträge im genau gleichen Umfang abgezogen wie bei sehr tiefen.

Es findet eine gesellschaftspolitisch erwünschte und auch akzeptierte Umverteilung von oben nach unten statt. Die Maximalrente ist für alle gleich hoch.

Garri Kasparow
Schach-Legende Garri Kasparow: «Intelligenz lässt sich nicht am Weg, sondern am Ergebnis erkennen.» - AFP

Wer kann angesichts der unsicheren Zukunft unserer wichtigsten Sozialversicherung ein Interesse daran haben, die AHV noch weiter zu schwächen? Es sei denn, Ideologie schlägt Intelligenz.

Im Hinblick auf die Abstimmung zur Juso-Erbschaftssteuer drängt sich vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ein Zitat des früheren Schachweltmeisters Garry Kasparow auf: «Intelligenz lässt sich nicht am Weg, sondern am Ergebnis erkennen.»

Zur Person: Hans-Ulrich Bigler ist Ökonom und war von 2008 bis 2023 Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV). Er ist im Vorstand mehrerer Verbände und sass von 2015 bis 2019 für die FDP im Nationalrat. Heute ist Bigler SVP-Mitglied.

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