Zürich: Sechs harte Wahrheiten aus den neuen Klimaszenarien

Der Klimawandel trifft die Schweiz stark – Städte wie Zürich sind besonders betroffen. Neue Szenarien zeigen, wie sich die Stadt verändern könnte.

Forschende der ETH Zürich und von Meteo Schweiz haben diese Woche neue Klimaszenarien vorgestellt. Die Ergebnisse zeichnen ein deutliches Bild der kommenden Veränderungen.
«Tsüri.ch» hat die sechs wichtigsten Erkenntnisse für die Stadt zusammengetragen.
1. Tropennächte werden häufiger
Eine Tropennacht liegt vor, wenn die Temperatur auch kurz vor Sonnenaufgang nicht unter 20 Grad fällt. Solche Nächte waren in Zürich vor 1980 sehr selten.
Heute tritt eine Tropennacht im Schnitt während einer Woche pro Jahr auf. In einer Welt, die sich um zwei Grad erwärmt hat, wären es rund 23 Nächte, bei drei Grad Erwärmung sogar etwa 41.
Laut Reto Knutti, ETH-Klimaforscher und Mitautor der Studie, steuern wir mit den heutigen Gesetzen am ehesten auf das Drei-Grad-Szenario zu.
2. Städte heisser als Umland
Gemäss der Studie erwärmen sich Städte deutlich stärker als das Umland. Strassen und Gebäude speichern tagsüber Wärme und geben sie nachts wieder ab.
Versiegelte Böden verhindern Verdunstung, enge Quartiere blockieren die Luftzirkulation. Deshalb bleibt Zürich besonders nachts heiss.
Das zeigen auch Grafiken der Stadt, auf denen vor allem die Innenstadt – die Kreise 1, 3, 4 und 5 – als besonders heiss erscheint.

3. Wenn der Regen kommt, dann heftig
Extreme, kurze Gewitter nehmen mit dem Klimawandel zu. In dicht bebauten Quartieren kann Wasser kaum versickern, die Kanalisation wird überlastet, Keller und Tiefgaragen laufen voll, Strassen und Parks werden unzugänglich.
Auch Strom-, Gas- und Telekommunikationsnetze sind gefährdet. In Hanglagen kann Starkregen rasch in Sturzfluten übergehen. «Das kann zu grossen Schäden führen oder sogar Menschen gefährden», warnt Erich Fischer, ETH-Klimaforscher und Mitautor der Studie.
4. Schnee wird seltener
«Auch künftig kann es in Zürich im Winter noch schneien, doch immer häufiger fällt der Niederschlag als Regen», sagt Fischer. Bereits in der Vergangenheit ist die Nullgradgrenze im Winter um rund 500 Meter gestiegen.
Bei einer Erwärmung um drei Grad käme nochmals ein Anstieg um gut 500 Meter hinzu. Gleichzeitig bleibt der Schnee weniger lang liegen, sodass eine mehrtägige, geschlossene Schneedecke in tieferen Lagen zunehmend seltener wird.
5. Was 2050 Realität sein könnte
Mit steigenden Temperaturen, insbesondere in einer bis 2060 möglichen Drei-Grad-Welt, dürften Hitzesommer wie 2003 häufiger auftreten.
Pausen zwischen Hitzewellen werden kürzer, die Spitzenwerte an den heissesten Tagen steigen, und Gewitter bringen vermehrt Starkniederschläge.
«Sommer, die wir heute als normal empfinden, werden uns in Zukunft kühler erscheinen», sagt Elias Zubler, Klimatologe bei Meteo Schweiz.
6. Was Zürich tun muss
«Die Stadt Zürich muss sowohl den Ausstoss von Treibhausgasen senken als auch ihre Quartiere an die neuen Klimabedingungen anpassen», so Fischer von der ETH.
Entsiegelte und begrünte Flächen verringern Hitze und Starkregen, besser isolierte Gebäude halten die Wärme ab und senken den Energieverbrauch.
«Klimaschutz und Anpassung gehen zusammen und bieten oft auch eine Chance», sagt Fischer. Klimafreundlicherer Verkehr sei gesünder, klimafreundliche Ernährung ebenfalls.
Und an den Klimawandel angepasste Quartiere seien gleichzeitig attraktiver zum Leben.
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Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst bei «Tsüri.ch» erschienen. Autor Kai Vogt ist Redaktor beim Zürcher Stadtmagazin.






