Stadt Zürich

Zürcher Hallenbad hat 1 Stunde nur für trans Personen offen

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Zürich,

In Zürich können trans und nicht-binäre Personen dienstags ungestört schwimmen. Und dieses Angebot ist erst der Anfang.

Schulschwimmanlage Altweg
Die Schulschwimmanlage Altweg in der Stadt Zürich bietet Öffnungszeiten nur für trans und nicht-binäre Personen an. - Screenshot Stadt Zürich/panotour.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Zürcher Hallenbad bietet Schwimmzeiten für trans und nicht-binäre Personen an.
  • Hintergrund für die Einführung ist Diskriminierung.
  • Nach dem «Erfolg» in Zürich gibt es auch in Bern ein Pilotprojekt.

Die Vielfalt der Geschlechtsidentitäten wird in der Schweiz immer sichtbarer: Rund sechs Prozent der Menschen in der Schweiz identifizieren sich laut einer Ipsos-Studie als trans, nicht-binär oder gender-fluid.

Für viele von ihnen gehört Diskriminierung noch immer zum Alltag. Sei es im Kontakt mit Behörden, im Gesundheitswesen oder im sozialen Umfeld.

Das bedeuten trans, nicht-binär und Co.

  • Trans: Personen, deren bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht nicht ihrer Geschlechtsidentität entspricht.

  • Nicht-binär: Menschen, die sich weder eindeutig als Mann noch als Frau verstehen.

  • Gender-fluid: Personen, deren Geschlechtsidentität sich wechseln oder je nach Situation unterschiedlich ausdrücken kann.

  • Inter: Menschen, die mit körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurden, die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind.

  • Queer: Ein Sammelbegriff für Menschen, die sich nicht in die heterosexuellen oder binären Geschlechtsnormen einordnen lassen, sowohl in Bezug auf Geschlecht als auch auf sexuelle Orientierung.

Betroffene betonen daher die Notwendigkeit von sicheren Räumen, in denen sie sich ohne Diskriminierung oder Anfeindungen bewegen können.

Einer davon ist die Schulschwimmanlage Altweg im Kreis 9 der Stadt Zürich. Eigentlich dient das Hallenbad Schulklassen für den Schwimmunterricht, immer dienstags steht es aber für öffentliches Schwimmen offen.

Hallenbad
Die Schulschwimmanlage Altweg ist jede Woche eine Stunde lang trans und nicht-binären Personen vorbehalten. - Screenshot Stadt Zürich

Zwischen 18.15 und 19.30 Uhr dürfen alle Erwachsenen schwimmen. Zwischen 20 und 21 Uhr ist das Hallenbad ausschliesslich für trans und nicht-binäre Personen ab 16 Jahren zugänglich.

Das Angebot gibt es seit gut drei Jahren.

Trans und nicht-binäre Personen haben im Schwimmbad «Angst»

Das Transgender Network Switzerland (TGNS) macht auf seiner Website Werbung dafür. «Wenn du einen Community-Ort zum Baden suchst, bist du willkommen.»

Auf Anfrage von Nau.ch erklärt die Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich, warum es das Angebot braucht.

Bist du queer?

«Für viele trans und nicht-binäre Personen kann der Aufenthalt in einer Sport- oder Badeanlage Unbehagen oder Angst auslösen. Etwa durch anstarrende Blicke oder Bemerkungen – je nach Situation», sagt der stellvertretende Leiter Aner Voloder.

«Die Sorge, in der Garderobe oder im Bad auf verletzende Reaktionen zu treffen oder sich rechtfertigen zu müssen, führt dazu, dass sie gesundheitsfördernde Angebote seltener oder gar nicht nutzen», erklärt er.

Hier könne das Angebot in der Schulschwimmanlage Altweg Abhilfe schaffen. «Zeitlich begrenzte, spezifische Angebote können mit geringem Aufwand eine sichere und angemessene Unterstützungsmassnahme darstellen.»

Stadt Zürich muss sich für Schwimmzeiten politisch rechtfertigen

Eine nicht repräsentative TGNS-Umfrage aus dem Jahr 2020 bestätigt zudem: 75 Prozent machten negative Erfahrungen bei geschlechtergetrennter Infrastruktur (WCs, Garderoben, Duschen) und geschlechtergetrennten Sportangeboten.

Gerne hätte Nau.ch gewusst, wie viele Personen wöchentlich davon Gebrauch machen. Und wie das Angebot bei den Betroffenen ankommt.

Das für das Angebot zuständige Sportamt der Stadt Zürich kann sich derzeit allerdings nicht äussern.

Gehst du gerne ins Schwimmbad?

Grund dafür ist die kritische Anfrage zweier Politiker im Stadtparlament, die aktuell noch hängig ist. Diese wollen unter anderem wissen, welche rechtlichen Grundlagen für das Angebot existieren.

Sie stellen es also infrage – und ziehen die Schwimmzeiten gar ins Lächerliche: So fragen sie, ob künftig auch für weitere Bevölkerungsgruppen separate Nutzungszeiten vorgesehen seien. Beispielsweise für Übergewichtige, die von Bodyshaming betroffen sind, für FKK-Fans oder für religiöse Gemeinschaften.

Die Stadtregierung wird sich gegenüber den Parlamentariern äussern. Sie hat dafür noch zwei Monate Zeit.

Bern macht es Zürich nach

Derweil macht das Zürcher Modell Schule – und zwar in der Stadt Bern.

Der Stadtberner Sportamtleiter Christian Bigler sagt zu Nau.ch: «Wir kennen das Angebot in Zürich. In Bern wird aktuell ein Pilotprojekt in ähnlichem Rahmen durchgeführt für TINA+-Personen.»

Bern
Auch in Bern läuft ein Pilotprojekt. - Screenshot Instagram

«TINA+» umfasst trans, inter, nicht-binäre und agender Personen.

Vor dem ersten Treffen jubelte das Transgender Network auf Instagram: «Nach dem Erfolg des TINA+ Schwimmens in Zürich arbeiten wir aktuell am Aufbau eines zweiten Standorts in Bern.»

Stadt Bern findet Schwimmstunde «positiv» – in Basel ist sie noch kein Thema

Bigler steht dem Angebot grundsätzlich «positiv und unterstützend» gegenüber. «Die Stadt Bern setzt sich mit verschiedenen Massnahmen gegen Diskriminierung jeglicher Art ein.»

So verweist er auf Kampagnen gegen Sexismus und Queerfeindlichkeit wie auf genderneutrale Garderoben, Duschen und WCs in den Berner Hallenbädern. Zusätzlich zu den geschlechtergetrennten Anlagen.

Bislang kein Thema ist eine solche Schwimmstunde hingegen in Basel. Das dortige Sportamt hat diesbezüglich nämlich noch keine solche Anfrage erhalten.

Sollte ein solches Bedürfnis angemeldet werden, stünde man aber grundsätzlich offen. «Das Sportamt Kanton Basel-Stadt verfolgt – wo immer möglich – die Strategie der Inklusion», heisst es auf Anfrage.

Brauchst du Hilfe?

Die LGBTIQ‑Helpline bietet vertrauliche und kostenlose Unterstützung für lesbische, schwule, bisexuelle, trans, nicht-binäre, inter und queere Personen. Sie hilft unter anderem bei Diskriminierung, Hate Crimes, Fragen rund ums Coming-out sowie bei Beziehung und Sexualität. Erreichbar ist die Helpline telefonisch unter 0800 133 133 oder per E-Mail an [email protected]. Weitere Informationen gibt es unter lgbtiq-helpline.ch.

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