ZHAW-Dozent sorgt mit Influencerin an Prüfung für Ärger

Eine Influencerin knipst an einer Prüfung der ZHAW Fotos und postet diese auf Instagram. Möglich gemacht hat es ein Dozent. Studierende sind empört.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Influencerin gab sich auf Instagram als Assistenzprofessorin aus.
- Studierende kritisieren, dass sie Fotos aus dem Prüfungssaal postete.
- «Ihr ist ein kleiner Fehler unterlaufen», verteidigt der Dozent seine Begleitung.
Höchste Konzentration war bei den Studierenden der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gefragt.
Am Dienstagmorgen schrieben sie im Bachelorstudiengang Angewandtes Recht die Semesterprüfung im Modul «Verwaltungsrecht I». Ganz viel Spass dabei hatte S.D.*.
«Heute arbeite ich während eines Tests als Assistenzprofessorin. Es ist wirklich aufregend.» Dies schrieb D. in ihrer Instagram-Story. Dabei zeigte sie sich mit einer Victory-Geste in einem kurzen Deux-Pièce im Prüfungssaal.
Auch postete sie ein Foto einer Namensliste der Kandidierenden. Als «Moment X» bezeichnete sie einen Schnappschuss aus der vordersten Sitzreihe. Zu sehen waren Prüfungskandidatinnen, die vor Trinkflaschen an ihren Tischen sassen.
«Geht gar nicht»
Unter Studierenden der ZHAW sorgt die Instagram-Story aus dem Prüfungssaal für Ärger. Der inoffizielle Instagram-Account «Inside ZHAW» verbreitete die Posts am Dienstag.
«Aufsichtsperson zeigt alles auf Instagram», schrieb der Account dazu. Auch kritisiert der Kanal, dass die angebliche Assistenzprofessorin die Studierenden unverpixelt zeigte. «Ist die ZHAW auch so excited?», fragt der Account am Schluss.

In einer Umfrage von «Inside ZHAW» äussern sich viele Studierende empört. «Respektlos gegenüber den Studierenden», lautet eine Reaktion. «Die Studierenden in dieser Stresssituation zu filmen und zu veröffentlichen, geht gar nicht», findet jemand.
Glamour-Paar am ZFF
Bei der angeblichen Assistenzprofessorin handelt es sich um eine Zürcherin aus dem ukrainischen Odessa. Sie bezeichnet sich als Influencerin und Model. Auf Instagram zeigt sie sich auch gerne in knappen Bikinis. Ihren grössten öffentlichen Auftritt hatte sie am Zurich Film Festival (ZFF).
Auf dem grünen Teppich posierte sie dort 2022 mit einem Zürcher Staranwalt namens R.M.* Die «Weltwoche» bezeichnete D. damals als dessen Partnerin.
Tatsächlich handelte es sich bei der Prüfung am Dienstagmorgen an der ZHAW um eine Prüfung von R.M. Er ist an der Hochschule Dozent für Rechtswissenschaften.
«Sie hat mir geholfen»
R.M. sagt gegenüber Nau.ch, dass die Influencerin ihn unterstützt habe. «Sie hat mir geholfen, die Prüfungen zu tragen, weil ich verletzt war.» Er habe einen kleinen Unfall gehabt.
D. sei nicht seine Partnerin, sondern mache die Medienarbeit für ihn. Privat führt der Dozent noch ein Mode- und Lifestyle-Business.
Laut dem Dozenten war die Begleiterin nur zu Beginn der Prüfung dabei. «Bei der Prüfung war sie nicht mehr anwesend.»
«Sie war beeindruckt»
Für die Posts nimmt er sie in Schutz. «Ihr ist ein kleiner Fehler unterlaufen, sie ist auch noch eine jüngere Person.» Eigentlich kenne sie das Recht am eigenen Bild jedoch. «Sie war das erste Mal an einer Prüfung dabei und war beeindruckt.» Eine Anstellung an der ZHAW habe sie nicht.
Im Übermut habe sie die Fotos gepostet und nicht an die Folgen gedacht.
«Wir haben sofort professionell reagiert und die Posts entfernt», sagt der Dozent. Die Story sei weniger als 30 Minuten online gewesen. Zudem seien die Studierenden auf dem Bild nicht gut erkennbar gewesen. «Ich erachte dies daher nicht als problematisch.»
Der Dozent ist der Meinung, dass es zurzeit andere Probleme auf dieser Erde gebe. Dies bestätigten auch Reaktionen von Studierenden. Tatsächlich finden einige: «viel Wind um nichts» oder «who cares».
ZHAW macht Untersuchung
Die ZHAW bestätigt, dass im Rahmen der Prüfung Fotoaufnahmen gemacht und auf einem privaten Instagram-Kanal veröffentlicht wurden.
«Die Hochschule wurde über den Vorfall informiert und hat nach Kenntnisnahme die sofortige Löschung der Fotos veranlasst.» Dies sagt Mediensprecher Andy Späth.
Die ZHAW nehme den Vorfall ernst, sagt Späth. «Wir prüfen die Angelegenheit derzeit intern.» Der Vorfall sei ein klares Fehlverhalten. «Und wird eine entsprechende Untersuchung zur Folge haben.»
Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und laufender interner Verfahren macht die ZHAW derzeit keine weiteren Angaben.
*Name der Redaktion bekannt.