Sicherheits-Vorschriften nach Absturz bei Nassenwil ZH verschärft
Zürich 29.12.2024 - 09:16
Am 10. Januar 2000 stürzte eine Crossair-Maschine kurz nach dem Start vom Flughafen Zürich fast senkrecht auf ein Feld in Nassenwil ZH.
Als die Feuerwehr an jenem Montagabend gegen 18 Uhr am Unfallort eintraf, sahen die Einsatzkräfte im offenen Wiesland einen Krater, in dem es brannte. Wo denn das Flugzeug sei, fragten sie sich noch verwundert, wie sie später sagten. Denn von der Maschine, einer Saab 340B der damaligen Crossair, war kaum etwas zu sehen.
Der Zerstörungsgrad des Flugzeuges sei ausserordentlich gross gewesen, hiess es im Schlussbericht des Büros für Flugunfalluntersuchungen. Der Grossteil der Trümmer hatte sich etwa drei Meter tief ins Kulturland gebohrt; nur 20 Prozent der Teile fanden sich ausserhalb des Kraters.
Zeugen sprachen davon, dass die Maschine in einem steilen Sinkflug aus den Wolken gestossen sei. Bei der letzten Datenaufzeichnung kurz vor dem Aufprall war deren Nase um 63 Grad gesenkt.
Fokus auf Piloten und ihre Entscheidungen
Der Crossair-Flug nach Dresden war um 17:54 Uhr und 10 Sekunden in Dunkelheit auf der Piste 28 des Flughafens Zürich in Richtung Westen gestartet. Zwei Minuten und 17 Sekunden später schlug die Maschine, in der sieben Passagiere und drei Besatzungsmitglieder sassen, bei Au in der Gemeinde Nassenwil ZH auf. Es gab keine Überlebenden.
Da der Unfall nicht auf einen Mangel beim Flugzeug zurückzuführen war, richtete sich der Fokus auf die Piloten. Im Schlussbericht ist unter anderem von unzweckmässiger Reaktion auf Tower-Anweisungen die Rede. Und davon, dass der Pilot mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die räumliche Orientierung verloren hatte.
Das Unglück nahm seinen Lauf als die Piloten nach rund einer Minute im Steigflug in Richtung Westen angewiesen wurden mit einer grossen Linkskurve das Drehfunkfeuer «Zurich East» anzusteuern das sich im Thurgau und damit nordöstlich des Flughafens befindet.
Der Copilot tippte die entsprechenden Daten ein, er gab aber nicht die Drehrichtung nach links vor. Das Flight Management System leitete daraufhin eine Rechtskurve ein, da dies die kürzere war, um zum gewünschten Drehfunkfeuer abzudrehen.
Verwirrung im Cockpit
Dieser Fehler, hiess es im Schlussbericht hätte nicht zwangsläufig zu einer gefährlichen Fluglage führen müssen – es habe sich erst einmal um einen Navigationsfehler gehandelt. Die Flugsicherung bemerkte diesen auch sie gab die Rechtskurve schliesslich frei.
Doch dem Piloten war dies offenbar unklar; er steuerte die Maschine verwirrt von den Anzeigen oder falschen Annahmen in eine Steilspirale. Die Maschine drehte sich immer mehr nach rechts, dadurch neigte sich die Nase immer mehr – das Flugzeug verlor dann rasch an Höhe und wurde immer schneller.
Der Absturz führte zu hitzigen Debatten. Denn in der Flugbranche herrschte damals Pilotenmangel; die Crossair bediente sich dabei insbesondere im Osten, wo sie günstige Arbeitskräfte anheuerte, die relativ rasch umgeschult wurden.
Der Pilot der Unglücksmaschine war ein an sich erfahrener 42-jähriger Moldauer, der die Fliegerei noch in der Sowjetunion erlernt hatte. Die Crossair mietete ihn im Sommer 1999 von Moldovian Airlines an. Am Unglücksabend hob er, der nur leidlich Englisch sprach, erst zum vierten Mal von Zürich ab. Der 35-jährige Copilot stammte aus der Slowakei und war 1999 zur Crossair gewechselt.
Die Folgen des Unfalls
Die Verwirrung im Cockpit, in welcher Fluglage sich die Maschine nun effektiv befindet, dürfte unter anderem auf die verschiedenen gebräuchlichen Anzeigen zurückzuführen sein. Während in russischen Maschinen der Horizont starr ist und sich das Flugzeugabbild in die Kurve legt, bleibt in westlichen das Flugzeug starr und der Horizont bewegt sich – die Drehung fällt damit gerade gegensätzlich aus.
Zudem verzichtete der Pilot in der arbeitsintensiven Phase auch auf den Autopiloten, der den Unfall gemäss Schlussbericht wohl verhindert hätte. Aber: Zum Zeitpunkt des Unfalls gab es noch keine verbindlichen Vorschriften und die Benützung des Autopiloten galt in dessen früheren russischen Umfeld als fliegerische Schwäche.
Als Folge des Absturzes von Nassenwil ZH wurden die Sicherheits- und Ausbildungsbestimmungen verschärft.