Leserin muss Kaninchen wegen Hitze vom Balkon nehmen

Rosa Schmitz
Rosa Schmitz

Am 25.08.2024 - 07:06

Was Hitzewellen angeht, hatten wir dieses Jahr Glück. Aber schon ein paar Tage mit über 30 Grad können einem zu schaffen machen. Auch den Haustieren.

Kaninchen
Die Kaninchen von Gabriela S. haben sich am Balkon bei über 28 Grad nicht wohlgefühlt – trotz Bemühungen der Hälterin, ihnen möglichst viel Schattenplätze und Abkühlungsmöglichkeiten anzubie - zVg

«Sie sahen tot aus», sagt Gabriela S.* (28) und verzieht das Gesicht beim Gedanken daran. Ihre Kaninchen, deren Käfig sie normalerweise auf dem Balkon hält, litten diesen Sommer sehr unter der Hitze.

«Nach einer Woche mit über 28 Grad schienen sie völlig am Ende», erzählt sie weiter. «Sie lagen den ganzen Tag herum, den Kopf zur Seite gekippt, ihre normalerweise aufrechten Ohren hingen.»

Der Balkon von Gabriela S. in Winterthur ZH ist überdacht. Die Sonne strahlt nur ein paar Stunden am Tag einen kleinen Teil des Käfigs an.

Für die Kaninchen gibt es also genügend Schatten. Das Problem ist allerdings die Luft – sie ist ab einer gewissen Temperatur staubig, stickig und klebt.

Hast du ein Haustier?

«Ich habe alles versucht, was mir eingefallen ist, um die Situation für sie zu verbessern», so die Halterin weiter. Sie tauschte jede Stunde die Wasserschüssel der Tierchen aus – und kaufte ihnen sogar einen Ventilator.

«Doch dann stiegen die Temperaturen deutlich über 30 Grad», sagt sie. «Da wurde mir klar, dass ich die Sache anders angehen und sie reinnehmen muss.»

Umsiedlung ins Wohnzimmer war ein Erfolg

Seit der Umsiedlung in das Wohnzimmer von Gabriela S. geht es den Kaninchen viel besser. «Sie sind wieder so lebhaft und neugierig wie sonst», schwärmt sie.

Nach draussen wird die Halterin die Kaninchen erst wieder Anfang Herbst bringen. «Wenn die Temperaturen dauerhaft unter 25 Grad liegen», sagt sie. Und nächstes Jahr plant sie, sie direkt zu Beginn des Sommers reinzuholen.

«Als Kind hatte ich Kaninchen, die das ganze Jahr im Garten lebten», erklärt die 28-Jährige. «Aber ich glaube, angesichts des Klimawandels ist das keine Option mehr.»

Stimmt das?

Jean-Michel Hatt, ärztlicher Direktor des Universitären Tierspitals in Zürich, sieht im Allgemeinen kein Problem für Haustiere aufgrund des Sommers. «Manche Hunderassen tun sich zu dieser Jahreszeit schwer», sagt er. «Zum Beispiel die, die zu Atembeschwerden neigen oder ein sehr dickes Fell haben.» Im Grossen und Ganzen würden Haustiere die Hitze aber vertragen.

Doch ihr Verhalten im Auge zu behalten, kann nie schaden. Vor allem an Tagen, an denen die Temperaturen über 30 Grad liegen. «Hecheln, Hitzevermeidung, verminderte Aktivität – das sind alles Anzeichen dafür, dass es ihnen nicht gut geht», erklärt Hatt. «Und Dinge, die mir als Halter bestimmt auffallen.»

Extreme Symptome einer hitzebedingten Überlastung sind: Appetitlosigkeit, Erbrechen und Durchfall.

Mühe mit dem ungewohnten Lebensraum

Am anfälligsten sind sicher Tiere, zum Beispiel Kaninchen, die draussen – vor allem auf dem Balkon – gehalten werden. «Dort staut sich oft die Hitze, weil es ein abgeschlossener Bereich ist», sagt Hatt. «Ausserdem ist dort nicht immer ausreichend Schatten vorhanden – ein für die Tiere sehr wichtiger Rückzugsort.»

Der natürliche Lebensraum von Kaninchen oder kleiner Nagetiere, wie Meerschweinchen, ist auch oft höher gelegen, kühler und trockener. Sie sind evolutionär nicht darauf ausgelegt, zu schwitzen und sie verbringen die meiste Zeit unter der Erde. «Eine generelle Ablehnung ihrer Haltung hier ist nicht nötig», so Hatt weiter. «Aber in solchen Fällen ist genauere Aufmerksamkeit gefragt.»

Sollte ein Haustier mal nicht mit der Hitze klarkommen, sollte es ins Haus gebracht und dort gehalten werden. «Den meisten Gefahren kann man aber zuvorkommen – und handeln, bevor Leid eintritt», sagt Hatt. «Ich kenne mein Haustier ja.»

Verantwortung zur artgerechten Haltung

Karin Furrer von der Kleintierpraxis Kreis 2 in Zürich führt aus: «Grundsätzlich übernimmt jeder Tierhalter mit der Übernahme eines Haustieres auch die Verantwortung zur artgerechten Haltung. Es sollte eine Voraussetzung sein, dass man ausführlich informiert, bevor man sich eins holt.»

So sind sehr junge, ältere und kranke Tiere am empfindlichsten auf Hitze. Und, wie auch Hatt sagt, diejenigen mit einem warmen Pelz. Für viele selbsterklärend – häufig übersehen wird aber die Gefahr, die Tieren mit wenig oder keinem Fell droht. Sie neigen zu Sonnenbrand, können aber mit speziellen Cremen geschützt werden.

Kaninchen
Seit ihrer Umsiedlung sind die Kaninchen von Gabriela S. «so lebhaft und neugierig, wie sonst immer», sagt sie. - zVg

Bei hohen Temperaturen im Sommer müssen sich also alle Halter bewusst sein, dass sich die Anforderung ihres Tiers allenfalls erweitern. «Mit Hunden sollte man zum Beispiel nur frühmorgens oder spätabends spazieren gehen», sagt Furrer. Kaninchen und Nagetieren kann man gekühlte Steine anbieten, gefrorene Wasserflaschen und nasse Erde oder Sand zum Buddeln.

Katzen hingegen sind «kaum zu kontrollieren», so Furrer weiter. «Sie suchen sich aber meist selber ein schattiges Plätzchen oder gehen selbst nur kurz nach draussen.» Wichtig ist, dass eine Möglichkeit besteht, dass sie sich selbständig wieder nach drinnen begeben können.

Heisser Asphalt führt zu Ballenverletzungen

Eine häufige Verletzung bei Haustieren, die im Sommer draussen herumstreunen, sind nämlich Ballenverletzungen – also Schürfverletzung. Diese entsteht meist nach zu viel Bewegung auf heissem Asphalt, erklärt Furrer. Auch häufig sind Blasenbildungen und das Ablösen von Ballengewebe. Diese erscheinen aber oft erst mit 1-2 Tagen Verzögerung.

«Ein Problem, mit dem meine Nachbarn zu kämpfen haben», sagt Gabriela S. «Sie lassen ihre Katze im Sommer gar nicht mehr raus, nachdem sie sich dieses Jahr die Pfoten verbrannt hat.»

Darüber hinaus gibt es eine Reihe jahreszeittypischer Erkrankungen. Zum Beispiel durch das Schwimmen in aufgewärmten Seen. Dort können sich giftige Blaualgen bilden.

Oder auch durch Pflanzenteile, wie Grannen, die mit Widerhaken ausgestattet sind und sich in der Haut feststecken. Sie können unter die Haut und in Gewebe wandern – und im schlimmsten Fall Infektionen verursachen.

Also: Augen auf. Das Haustier wird es danken.

*Name der Redaktion bekannt

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