Stadt Zürich

Drogenring liess Koks bei Stadt Zürich testen

Simon Binz
Simon Binz

Zürich,

Ein Drogenring nutzte für die Qualitätskontrolle ihres Kokains das Checking-Angebot der Stadt Zürich. Im Mittelpunkt steht ein 49-jähriger Deutscher.

Drogeninformationszentrum Stadt Zürich
Im Drogeninformationszentrum der Stadt Zürich können Konsumentinnen und Konsumenten ihre Drogen testen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Drogenring verdiente über das Darknet rund zwei Millionen mit hochreinen Drogen
  • Das Zürcher Drug-Checking-Angebot wurde zur Qualitätskontrolle missbraucht.
  • Ein Cyberfahnder enttarnte den Hauptangeklagten über die Metadaten eines Fotos.

«Hello Switzerland, don’t worry – we are back with your favorite product.» So meldete sich «Andy Macht» im Corona-Sommer 2020 zurück auf den einschlägigen Darknet-Plattformen. Unter diesem Alias betrieb ein heute 49-jähriger Deutscher einen ausgeklügelten Drogenhandel, dessen Zentrum sich mitten in Zürich befand.

Am Bezirksgericht Zürich musste er sich am Montag und am Dienstag für die Handlungen seines Drogenrings verantworten. Auch zwei weitere Deutsche standen in diesem Zusammenhang vor Gericht. Dem Hauptangeklagten drohen bei einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von 14,5 Jahren und 10 Jahre Landesverweisung. Darüber berichten die «Tamedia»-Zeitungen.

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Die Vorwürfe wiegen schwer: «Macht» soll zwischen 2018 und 2022 kiloweise Kokain, Marihuana, Psilocybin-Pilze und rund 6000 Ecstasy-Tabletten beschafft und verkauft haben. Der Umsatz: rund 1,8 Millionen Franken.

Geliefert wurde aus Basel und Freiburg im Breisgau (D). Verkauft wurde auf Plattformen wie «Koksisland» oder «Cryptonia» sowie über Messengerdienste wie «Wickr». Die Bezahlung wurde in Kryptowährungen abgeschlossen.

Drogenring liess die Drogen kostenlos bei der Stadt Zürich testen

Der Drogenring hatte zahlreiche Kunden aus dem Raum Zürich und Basel. Mindestens 500 Abnehmende gaben in diesen zwei Regionen rund 2000 Bestellungen auf. Damit die Qualität der Ware stimmte, liess «Macht» sie testen – kostenlos beim Drogeninformationszentrum (DIZ) der Stadt Zürich. Dort schleuste ein 36-jähriger Komplize die Proben ein, teils per Post, teils persönlich.

Über 70 Proben konnten den beiden laut Staatsanwaltschaft zugeordnet werden. «Macht» warb anschliessend im Darknet offensiv mit der hohen Reinheit seiner Produkte – versehen mit dem Hinweis: «In Drug Checkings getestet.»

Doch genau diese Vorgehensweise wurde ihm schliesslich zum Verhängnis. Ein verdeckter Ermittler der Kantonspolizei Zürich bestellte 2020 zum Schein 11 Gramm Kokain und Marihuana.

Der Drogenboss schickte ihm ein Bild des Laborberichts. Die Metadaten des Fotos enthielten seinen echten Namen. Daraufhin wurde der Ring knapp zwei Jahre lang abgehört und überwacht. Im Mai 2022 klickten die Handschellen.

«Andy Macht» sitzt seit drei Jahren im vorzeitigen Strafvollzug

Der Lebenslauf von «Andy Macht» passt kaum ins Bild eines typischen Drogenbosses: Geboren in einem reichen Pariser Vorort, verbrachte er seine Kindheit in Afrika und zog erst als Jugendlicher nach Deutschland.

Dort ging er seinen Weg, studierte Angewandte Mathematik im Ausland und arbeitete später als Finanzanalyst. Seit seiner Festnahme sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies – mittlerweile seit drei Jahren im vorzeitigen Strafvollzug.

Neben dem Hauptangeklagten stand am gestrigen Tag auch sein damaliger Helfer vor Gericht. Er lagerte die Drogen in seiner Wohnung, portionierte sie und verschickte sie in Couverts. Als er 2022 verhaftet wurde, war er gerade auf dem Weg zur Arbeit. Für ihn fordert die Staatsanwältin fünf Jahre Gefängnis und eine 7-jährige Landesverweisung.

Stadt Zürich Drogen TEsts
«Andy Macht» sitzt seit drei Jahren im vorzeitigen Strafvollzug (Symbolbild). - sda - Keystone/WALTER BIERI

Beide Angeklagten legten umfassende Geständnisse ab, stellten jedoch die Höhe der sichergestellten Drogen- und Geldmengen infrage. Der Verteidiger des Hauptbeschuldigten erklärte vor Gericht: Ab 2021 habe eine kriminelle Gruppierung seinen Mandanten massiv unter Druck gesetzt. Diese hätten mit Gewaltandrohungen einen grossen Teil der Einnahmen erpresst.

Der dritte Mitangeklagte, ein 27-jähriger Student, soll laut eigener Aussage nichts von den Drogen gewusst haben. Die Substanzen seien in Geschenkpapier verpackt gewesen. Ihm wird demnach Schmuggel über die Grenze vorgeworfen.

Laut Anklage soll er dafür den Dienstwagen und die Uniform eines Sicherheitsunternehmens, für das er damals arbeitete, genutzt haben. Ihm drohen demnach eine Gefängnisstrafe von 4,5 Jahren und eine Landesverweisung von 5 Jahren.

DIZ lehnt bei Verdacht auf Missbrauch die Proben ab

Seit Jahren betreibt die Stadt Zürich an mehreren Standorten sowie auf Partys und Festivals ein mobiles Drug-Checking. Das Angebot soll verhindern, dass Konsumentinnen und Konsumenten durch verunreinigte Substanzen gesundheitlich zu Schaden kommen.

Die Stadt darf zwar zum aktuellen Fall aus Datenschutzgründen keine Auskunft geben. Doch gegenüber der «Tamedia»-Zeitungen wird erwähnt, dass DIZ-Mitarbeitende bei Verdacht auf Missbrauch Proben ablehnen würde. Zudem stehe das Drogeninformationszentrum in engem Austausch mit der Stadt- und der Kantonspolizei Zürich.

Im Darknet finden sich trotzdem weiterhin falsche Labels wie «In Drug Checkings getestet». Dass der Inhalt tatsächlich stimme, sei damit keineswegs garantiert, heisst es bei der Stadt. Sicherheit beim Konsum einer Substanz könne nur dann gewährleistet sein, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten die Substanz selbst testen liessen

Die Urteile gegen die drei Angeklagten werden am 12. Juni erwartet.

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